Von der Vereinfachung
In den letzten Tagen bin ich mal wieder über das eine oder andere Persönlichkeitsmodell à la DISG etc. gestoßen. Nichts gegen Modelle, die uns die Welt und auch die Menschen erklären helfen. Wenn wir etwas verstehen wollen, dann ist es oft wichtig, Komplexität zu reduzieren und Kategorien zu bilden, durch die wir dieses Verstehen erst möglich machen. Ein Problem habe ich allerdings dann, wenn ich den Eindruck bekomme, die Modelle sollen weniger eine Hilfestellung sein, etwas sehr komplexes zu verstehen, sondern vielmehr eine Schablone, durch die die Komplexität im wahrsten Sinne reduziert werden soll. Schublade auf – Mensch rein – Schublade zu.
Auch die Psychologen – und zu denen gehöre ich ja nunmal – arbeiten in der Differentiellen Psychologie, also dann, wenn es darum geht, Unterschiede zwischen Personen zu erklären, viel mit Modellen. Wer es ernsthaft tut, reduziert aber nicht auf eine Dimension, sondern misst die Ausprägung auf jeder einzelnen Persönlichkeitsskala. So bekomme ich ein komplexeres Bild – denn jeder Mensch hat Anteile auf allen Skalen, die eben unterschiedlich stark ausgeprägt sind.
Im Coaching und Training geht es mir letztlich immer darum, Veränderungspotentiale zu erkennen, Ressourcen zu entdecken, die zum Teil schon lange verschüttet sind – und die oft mit weniger gelebten Persönlichkeitsanteilen zu tun haben. Da ist es gut, wenn ich offen dafür bin, dass mein Gegenüber sich verändern kann und mir vielleicht ganz ungeahnte Seiten von sich zeigt.